Aus Licht und Stahl
Doku – Lichtdruck ist eine 150 Jahre alte Technik aus Europa, die heute nur noch in Japan existiert. Die Firma Benrido aus Kyoto ist sogar die letzte Lichtdruckerei im Dauerbetrieb. Ihre Arbeit ist von nationaler Bedeutung.

Von Fritz Schumann – Der Geruch von Farbe und Öl hatte mich beinahe überwältigt, als ich die Lichtdruckerei in Kyoto 2014 das erste Mal besucht habe. Werkstatt-Leiter Osamu Yamamoto (56) nimmt es nach fast 40 Jahren nicht mehr wahr. «Die Farbe und der Geruch sind in meine Haut gesunken. Sie sind ein Teil von mir», sagte er mir, leicht amüsiert und stolz.
Lichtdruck wurde 1856 in Frankreich erfunden und anschliessend in Deutschland weiterentwickelt. Um die vorletzte Jahrhundertwende war es das bestimmende Druckverfahren – allein in Deutschland gab es mehrere Hundert Studios. Das Verfahren ähnelt der Fotografie: Gedruckt wird von einem Negativ, ohne das übliche Punktraster. Und obwohl dadurch die Qualität von Lichtdruck bis heute schwer zu erreichen ist, so hat das Verfahren nicht überleben können.
Fritz Schumann ist Autor des Buchs "Japan 151 - Ein Land zwischen Comic und Kaiserreich in 151 Momentaufnahmen", das 2019 bereits in der 5. Auflage erschienen ist. Es sind 151 persönliche Einblicke in die japanische Kultur und Gesellschaft. Sehr empfehlenswert!
Lichtdruck ist teuer und langsam. Nur wenige Drucke sind am Tag möglich. Das ist der Grund, warum nach und nach alle Studios in der Welt verschwanden. Leipzig, das letzte Studio in Europa, stellte 2013 seinen täglichen Betrieb ein und ist heute nur gelegentlich für Künstler geöffnet. Durch eine Kampagne auf Kickstarter in diesem Jahr versucht das Offizin in Darmstadt nun den Lichtdruck in Deutschland wieder zu beleben.
Von nationaler Bedeutung
Doch zur Zeit gibt es weltweit nur noch zwei Lichtdruckereien, beide befinden sich in Kyoto. Benrido ist dabei das einzige Studio, das im Dauerbetrieb und in Farbe drucken kann. Sie arbeiten unter anderem für das Kaiserliche Japanische Hofamt und stellen Nachdrucke historischer Dokumente her, die bis zu 1'200 Jahre alt sein können. Für Yamamoto hat seine Arbeit und der Erhalt vom Lichtdruck daher eine nationale Bedeutung. «Wenn wir hier aufhören, verschwindet der Lichtdruck.»
Da ich 2012 bereits die Druckerei in Leipzig besucht hatte, wusste ich um das Collotype-Studio in Kyoto. Man kannte sich bereits, tauschte sich aus mit Wissen und Farben. Doch das Ende von Leipzig hatte man in Japan nicht mitbekommen, man war einfach zu sehr damit beschäftigt jeden Tag zu drucken. Als ich Yamamoto und Benrido davon erzählte, stimmte sie es traurig, doch war ich doch erfreut zu sehen, wie aktiv der Lichtdruck in Kyoto ist.
Postkarten und Handy-Hüllen
Mit Hingabe und Liebe zum Detail schaffen die Mitarbeiter seit Jahrzehnten qualitativ hochwertige Drucke - die nicht nur für den Kaiser vorbehalten sind. In einem eigenen Geschäft bietet Benrido auch kostengünstige Postkarten mit traditionellen Motiven an. Jedes Mal, wenn ich in Kyoto bin, besuche ich auch den Laden und bringe Souvenirs mit.
Benrido druckt weiter, und entwickelt die Technologie. Grösster Schatz ist ihr Negativ-Drucker, der digitale Fotos in analoge Vorlagen übersetzt. Auch gehören Handy-Hüllen mit traditionellen Motiven für Smartphones zu den neuen Produkten, die der alte Lichtdruck heute erschaffen.
Aktuelle Aussstellung
Aktuell läuft auch die stadtweite Ausstellung Kyotographie, bei der Benrido einlädt, den Lichtdruck zu erleben. Zeitgleich startet auch der eigene Hariban Award, wo Amateur- und Profi-Fotografen weltweit eingeladen sind, ihre Arbeiten bis zum 30.6. einzusenden. Die siegreichen Bilder werden auf den riesigen Stahlmaschinen als Lichtdrucke umgesetzt und der erste Platz ist eine Reise nach Kyoto.
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